Der Frühling ist da, alles blüht und sprießt. Die Beete im Garten werden neu angelegt und damit auch die – von uns beeinflussbaren – Rahmenbedingungen fürs Wachsen in den kommenden Monaten geschaffen.
Wie im Garten bietet der Frühling auch für unser Zusammenleben die Möglichkeit, Dinge anders zu tun als bisher und Rahmenbedingungen zu verändern. Konkret geht’s in diesem Beitrag um Regeln, die unser tägliches Miteinander formen und uns dabei helfen, gemeinsam zu wachsen und uns zu entfalten.
Regeln als Unterstützer im Alltag
Grundsätzlich werden Regeln definiert als Übereinkünfte bzw. Vorschriften/Vorgaben für Verhalten.
Und ja, bei manchen von uns ruft das Wort negative Gefühle hervor, haben wir doch in so manchen Situationen erfahren, dass Regeln einschränkend sein können.
Trotzdem sind sie wichtig, wenn sie auch manchmal keinen Spaß machen. Ich möchte anhand eines Beispiels erklären, warum das so ist.
Stell dir vor, du bist Mitarbeiter*in einer Firma. Dort gibt es einen Chef, der von Regeln nicht viel hält und sich auch nicht die Mühe machen möchte, welche aufzustellen.
Nun ist es so, dass du als Mitarbeiter*in – weil es ja keine Regeln dazu gibt – manchmal um 8 Uhr in die Arbeit kommen möchtest, an einem anderen Tag passt es für dich um 11 Uhr besser. Das sollte kein Problem sein, da es ja keine Regeln dafür gibt.
An manchen Tagen ist es deinem Chef auch völlig egal. Aber an anderen Tagen ist er fuchsteufelswild, weil er dich schon um 9 Uhr gebraucht hätte und du nicht da warst. Dann redet und redet und redet er, regt sich auf und schimpft mit dir. Nachdem aber weder für dich noch für ihn klar ist, wann du da sein sollst, wiederholt sich diese Situation jedes Mal, wenn er dich zu einem anderen Zeitpunkt gebraucht hätte, als du da warst und bleibt aus, wenn es ihm „egal“ ist.
Früher oder später wird dir das zu dumm sein. Wieso solltest du dich von ihm schimpfen lassen, obwohl du nicht weißt, woran du dich halten sollst? Gefühle wie Wut, Unsicherheit, Angst,… werden sich vermutlich einstellen. Du wirst vielleicht denken, es ohnehin nicht richtig machen zu können bzw. keine Kontrolle darüber zu haben, wie die Situation abläuft. Du wirst früher oder später entscheiden, dass es dir entweder egal ist und er „einfach reden“ soll oder du wirst kündigen.
Legen wir die Geschichte jetzt um auf Situationen, die es in eurer Familie geben und die manchmal recht konfliktbehaftet sein könnten: Aufstehen in der Früh, Frühstück, Schul-/Arbeitsweg, Mittagessen, Hausübung machen, Computer spielen, Handynutzung, Schlafen gehen,… Weißt du, worauf ich hinaus will?
Wenn nicht für alle klar ist, was die Rahmenbedingungen sind, dann ist es jedes Mal wieder ein Aushandeln, Diskutieren, vielleicht sogar Streiten. Und das ist mühsam, kostet wahnsinnig viel Energie und Qualitätszeit. Irgendwann stellt sich die „Wurschtigkeit“ und Resignation ein – weil man es ja sowieso nie richtig machen kann – es gelten ja jeden Tag andere Maßstäbe, je nach aktueller Tagesverfassung einzelner.
Deshalb sind Regeln also wichtig:
- Sie schaffen Sicherheit und eine stabile Umgebung, in der sich jede*r wohl und geborgen fühlen kann.
- Sie geben uns das Gefühl, die Kontrolle über eine Situation und ihre Konsequenzen zu haben.
- Sie setzen Energie und Zeit frei, weil wir nicht über alles immer wieder diskutieren müssen.
- Sie schaffen Klarheit darüber, was uns wichtig ist und geben Orientierung.
Eine neue/alte Regel für unseren Alltag
Gibt es auch in eurem Familienalltag Situationen, die immer wieder zu Diskussionen führen? Dann lasst uns über eine passende Regel dafür nachdenken.
Zeitlicher Rahmen: je nach Situation täglich einige Minuten, Zeit zum drüber Nachdenken und Besprechen
Ihr braucht:
- eine Situation, die euch immer wieder Energie raubt/zu Diskussionen führt
- Zettel & Stift für Notizen und Ideen
Und so geht’s:
- Denke über die Situation nach, die bei euch immer wieder Konflikte hervorruft. Wie läuft sie ab? Ist das immer gleich? Wenn nein: Was ist manchmal anders? Wie bist du in dieser Situation?
- Hast du eine klare Vorstellung davon, wie die Situation ablaufen sollte bzw. wie du es gerne hättest?
- Überlege dir nun eine sinnvolle Regel dafür. Kannst du begründen, warum DIR das wichtig ist? (Wenn die Antwort ist „Weil man/alle anderen das so tun“, dann ist es nicht die passende Regel für EUCH!)
- Besprich die neue Regel mit deiner Familie.
Bitte beachte folgende Kriterien für Regeln:
- Eure Regeln sollten euch/dir tatsächlich wichtig sein, auch morgen und in 4 Wochen noch.
- Regeln sind so formuliert, dass für alle Klarheit herrscht, was damit gemeint ist und wo die Grenzen sind.
- Wenn du Regeln aufstellst, muss JEDE*R sie einhalten können (also in der Lage dazu sein).
- Macht es euch einfach! Wenn ihr ein Nachschlagewerk zu den Regeln braucht, wird niemand sich daran halten (können).
- So wenige wie möglich, so viele wie nötig!
- Seid konsequent beim Einhalten der Regeln – sowohl Kinder als auch Eltern! Überlegt euch was passiert, wenn gegen Regeln verstoßen wird und tut das dann auch. So kann jede*r entscheiden, ob er*sie bereit ist, diese Konsequenzen zu tragen. (Achtung: Konsequenzen stehen IMMER im direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Verhalten!)
- Startet bitte mit nur einer neuen Regel – nicht mit 10 gleichzeitig!
WICHTIG:
Wenn manche Regeln am Wochenende nicht gelten sollen (z.B. zu einer bestimmten Uhrzeit ins Bett gehen), bedenkt und besprecht das mit! Ihr könnt auch „Chaostage“ einlegen – wie es für euch passt.
Eine Konsequenz für nicht erfüllte Regeln kann NIEMALS Liebesentzug sein!
Und: Konsequenz beim Einhalten von Regeln wird manchmal dazu führen, dass Kinder weinen. Habt in diesen Momenten Mitgefühl – es ist ja auch wirklich unfair, z.B. beim Spielen gestört zu werden und dann schlafen gehen zu müssen. Seid da und euch in dem Moment gleichzeitig dessen bewusst, dass ihr die Regel aus einem guten Grund aufgestellt habt und ihr damit das Beste für euer Kind wollt.
Und wie kann’s weitergehen?
- Gestaltet gemeinsam ein Plakat oder irgendetwas Sichtbares, das euch an eure Regel erinnert.
- Reflektiert darüber, was die neue Regel euch gebracht hat und wie sich vielleicht eure Beziehung zueinander verändert hat. Habt ihr mehr Qualitätszeit, die ihr miteinander verbringen könnt?
- Vielleicht gibt es noch andere Bereiche, die ihr euch durch klare Regeln vereinfachen könnt?
Seid mutig, seid liebevoll und erinnert euch immer daran, dass ihr einzigartig seid und die Welt durch euch ein bisschen bunter werden kann.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen wundervollen Frühling voller Wachstum, Freude und gemeinsamer Abenteuer!