Der Sommer ist da und die Ferien haben begonnen. Viele Familien freuen sich auf diese Zeit, um mehr gemeinsame Zeit zu verbringen, sich zu entspannen und vielleicht auch eine Reise zu machen. Lasst uns darüber nachdenken, wie wir mit unseren Wünschen und Bedürfnissen umgehen können, um diesen Sommer zu einer wunderbaren Zeit für die ganze Familie zu machen.
Was bedeuten „Wollen“ und „Brauchen“?
Oft verwechseln wir, was wir wollen, mit dem, was wir wirklich brauchen. Damit meine ich nicht nur den großen Urlaub, Ausflüge oder besonderen Aktivitäten. Ich spreche vielmehr darüber, welche Bedürfnisse hinter unseren Wünschen stehen.
Stellen wir uns vor unserer Kind kommt zu uns und sagt: „Ich möchte für mindestens zwei Wochen an den Strand fahren.“ Nun besteht vielleicht das Problem, dass dieser Strandurlaub im Sommer weder zeitlich noch finanziell möglich ist oder wir einfach nicht an den Strand wollen. Eine Diskussion beginnt, die in ein „Aber alle anderen…“ übergeht und irgendwann in Tränen endet mit einem abschließenden „Aber ich will!“ Ein unbefriedigender Ausgang für die ganze Familie.
Dieser Wunsch nach dem Strandurlaub ist vorrangig eben genau das: ein Wunsch.
Wichtig ist nun zu erkennen, dass hinter diesem Wunsch ein unerfülltes Bedürfnis steckt. Denn hat jemand das Gefühl, seine*ihre Bedürfnisse werden nicht gesehen und ernst genommen, führt das oft zu Frustration, Schuldzuweisungen, Konflikten und Missverständnissen. Indem wir lernen, unsere eigenen Bedürfnisse und die der anderen Familienmitglieder zu erkennen und zu respektieren, können wir eine harmonischere und verständnisvollere Umgebung schaffen.
Klingt logisch? Schön, aber wie setzen wir das jetzt um?
Was ich brauche ist…
Diese Übung bzw. Idee für den Umgang mit Wünschen soll euch im Alltag helfen, den Bedürfnissen eurer Familie nachzuspüren und sie hinter vielleicht unerfüllbaren Wünschen zu entdecken.
Ihr braucht:
eine konkrete Wunsch-Situation und ein bisschen Zeit zum miteinander Plaudern
Und so geht’s:
- Den Wunsch hören: Hör zu und nimm den Wunsch wahr, der gerade im Raum steht, ohne eine sofortige Reaktion wie „Das geht nicht!“ oder „Nein!“. Du brauchst dich auch nicht rechtfertigen.
- Mach deutlich, dass du den Wunsch wahrgenommen hast und finde heraus, was das Bedürfnis dahinter ist. Das kannst du z.B. so machen:
- „Aha, du willst also … haben/tun.“ oder „Mhm, wir sollen also …“
Damit zeigst du, dass du den Wunsch gehört hast. - „Wie genau stellst du dir das denn vor?“ oder „Wie soll das denn aussehen?“
Dadurch erfragst du Details, kannst besser einschätzen, ob eure Vorstellung davon übereinstimmt und was vielleicht das Bedürfnis dahinter ist. - „Was hast du denn davon?“ oder „Was wäre das Schönste daran?“ oder …
Hör genau zu, worum es denn dahinter eigentlich geht. Erfrage das Bedürfnis. - Frag nach: „Es geht dir also darum, dass …“
Es könnte z.B. darum gehen, mehr Zeit gemeinsam und vor allem ungestört zu verbringen oder um Abwechslung vom Alltag oder um Aufmerksamkeit oder …
- „Aha, du willst also … haben/tun.“ oder „Mhm, wir sollen also …“
- Kommuniziere, dass du das Bedürfnis siehst und ernst nimmst. Besprecht dann, wie ihr das Bedürfnis auf andere Art und Weise erfüllen könntet. Lasst eurer Fantasie dabei freien Lauf!
Das Bedürfnis nach gemeinsamer und ungestörter Zeit könnt ihr z.B. durch ein Picknick am Sonntag erfüllen. Abwechslung vom Alltag bringt vielleicht eine Radtour oder ein Besuch im Freibad. Gemeinsam eine Gute Nacht-Geschichte lesen oder sich bewusst Zeit für ein Gespräch zu nehmen können z.B. das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit erfüllen.
WICHTIG:
Wenn du noch Worte für Bedürfnisse suchst, gibt es ganz viele Listen online. Eine davon sowie eine weiterführende Übung findest du z.B. unter https://einguterplan.de/beduerfnisse/.
Und wie kann’s weitergehen?
- Was habe ich heute über meine Bedürfnisse gelernt?
- Welche Bedürfnisse sind in den letzten Tagen oder Wochen in den Vordergrund getreten?
- Haben sich meine Bedürfnisse geändert? Wenn ja, warum?
- Welche Wünsche haben sich als weniger wichtig herausgestellt?
- Gibt es Dinge, die ich dachte, dass ich sie wirklich brauche, die aber letztlich nur Wünsche waren?
- Wie hat sich mein Verständnis von „wollen“ und „brauchen“ entwickelt?
- Wie kann ich meine wahren Bedürfnisse im Alltag besser berücksichtigen?
- Was kann ich tun, um sicherzustellen, dass meine wichtigsten Bedürfnisse erfüllt werden?
- Welche kleinen Änderungen im Alltag könnten mir und meiner Familie helfen, uns wohler zu fühlen?
Indem ihr euch zuhört, eure Wünsche hinterfragt und offen darüber sprecht, könnt ihr als Familie besser darauf achten, was wirklich wichtig ist und was nur vorübergehende Wünsche sind. So wird es euch leichter fallen, ein harmonisches und erfülltes Familienleben zu gestalten, in dem die Bedürfnisse aller respektiert und berücksichtigt werden. Nutzt die Sommerzeit, um diese Gewohnheiten zu entwickeln und zu festigen – und genießt die gemeinsame Zeit in vollen Zügen!