Manchmal zieht sich in deinem Bauch etwas zusammen, obwohl nach außen hin alles in Ordnung scheint? Dein Herz hüpft plötzlich, einfach weil jemand gelächelt hat? Gefühle sind wie die Sprache unseres Inneren. Sie erzählen uns, was wir brauchen, was uns wichtig ist – manchmal leise flüsternd, manchmal laut rufend.
Doch noch immer hören wir Sätze wie: „Sei doch nicht so wütend!“ oder „Das ist doch kein Grund, traurig zu sein.“ Dabei gibt es keine „falschen“ Gefühle – nur Gefühle, die vielleicht schwer(er) auszuhalten oder zu verstehen sind.
Jedes Gefühl hat seinen Sinn
Gefühle entstehen nicht zufällig. Sie sind Hinweise – kleine Wegweiser in unserem emotionalen Alltag. Angst schützt uns. Wut zeigt uns Grenzen. Traurigkeit lädt uns ein, innezuhalten. Freude verbindet uns.
Und all diese Gefühle sind wichtig, ganz gleich, wie sie sich äußern: laut oder leise, sichtbar oder verborgen.
Gerade bei Kindern zeigen sich Gefühle oft unvermittelt: Da wird aus Lachen plötzlich Weinen, aus Wut ein Rückzug ins Zimmer. Erwachsene deuten das manchmal als „zu viel“ oder „unangemessen“ – aber für das Kind ist es genau richtig so. Denn: Gefühle brauchen Raum, keine Bewertung.
Gefühle sind persönlich – und dürfen unterschiedlich aussehen
Nicht jede*r weint bei Traurigkeit. Nicht jede*r schreit bei Wut. Manche Gefühle tragen wir tief im Inneren, andere tragen wir offen nach außen. Wichtig ist: Wir alle haben das Recht, unsere Gefühle zu empfinden – auf unsere eigene Weise. Wenn wir Kindern (und uns selbst) erlauben, ihre Gefühle auszudrücken, ohne sie gleich zu „korrigieren“, schaffen wir Vertrauen.
Ein Kind, das lernen darf: „Meine Gefühle sind richtig“, wächst heran zu einem Menschen, der sich selbst versteht – und auch andere besser verstehen kann.
Was möchte mein Gefühl mir sagen?
Zeitlicher Rahmen: ca. 10 Minuten – oder so lange, wie ihr Lust habt
Ihr braucht: nur euch selbst und ein bisschen Ruhe
Und so geht’s:
Variante 1 – in Ruhe:
- Macht es euch gemeinsam oder allein gemütlich – vielleicht auf dem Sofa, im Bett oder draußen auf einer Wiese.
- Richte deine Aufmerksamkeit auf dich: Wie fühlst du dich gerade? Vielleicht benennst du das Gefühl laut – z.B. „Ich bin aufgeregt“, „Ich bin traurig“, „Ich fühle mich ruhig“.
- Nun stelle dir (oder dein Kind sich selbst) die Frage: Was möchte mir dieses Gefühl sagen?
Vielleicht: „Ich bin traurig, weil ich jemanden vermisse.“ oder „Ich bin wütend, weil ich mich ungerecht behandelt fühle.“ oder „Ich bin froh, weil ich mich verstanden fühle.“ - Lass das Gefühl einfach da sein – ohne es zu bewerten oder loswerden zu wollen. Vielleicht möchtet ihr dem Gefühl eine Farbe oder eine Bewegung geben – alles ist erlaubt.
Variante 2 – bei starken Gefühlen:
- Halte einen Moment inne, wenn du ein Gefühl besonders stark spürst – egal ob Freude, Ärger, Traurigkeit oder Nervosität.
- Stell dir innerlich die Frage: „Was möchtest du mir sagen, liebes Gefühl?“
Manchmal kommen Antworten wie: „Ich will, dass du dich abgrenzt.“ oder „Ich zeige dir, wie wichtig dir etwas ist.“ oder „Ich wünsche mir Trost oder Unterstützung.“ - Höre einfach zu, ohne sofort zu handeln oder zu bewerten. Vielleicht kannst du dem Gefühl innerlich sogar danken – für die Botschaft, die es dir bringt.
Und wie kann’s weitergehen?
Vielleicht möchtest du dich in den nächsten Tagen öfter fragen: „Was fühle ich gerade – und was will mir dieses Gefühl zeigen?“
Auch in Gesprächen mit Kindern oder anderen Erwachsenen kannst du diese Haltung einbringen: Gefühle ernst nehmen, ihnen Raum geben, ohne sie sofort lösen oder „wegmachen“ zu müssen. Manchmal reicht ein Satz wie: „Ich sehe, dass du gerade traurig bist. Magst du erzählen?“
So entsteht ein Klima des Vertrauens. Und das ist der Boden, auf dem emotionale Stärke wächst.
Gefühle sind keine Gegner – sie sind unsere Gefährt*innen. Sie sind keine Schwäche, sondern Stärke. Keine Störung, sondern ein Signal. Wenn wir lernen, ihnen zuzuhören, gewinnen wir einen kostbaren Zugang zu uns selbst – und zu den Menschen um uns herum.
Ich wünsche euch viele achtsame Momente mit euch und euren Gefühlen!