Wo darfst du einfach du selbst sein? Wo kannst du durchatmen, ganz ohne Leistung, ohne Rollen, ohne Erwartung?
In unserem oft dichten Alltag aus Familie, Arbeit, Verpflichtungen und dem ständigen „online sein“ ist es leicht, sich selbst zu verlieren. Da ist der Wunsch nach einem Rückzugsort kein Luxus – sondern eine echte Notwendigkeit. Ein Raum nur für dich, in dem du neue Kraft schöpfen kannst. Aber: So ein Rückzugsort muss kein stilles Waldhäuschen oder meditatives Yoga-Atelier sein.
Was ein Rückzugsort wirklich ist
Ein Rückzugsort ist viel mehr als nur ein physischer Platz. Es kann eine bestimmte Tageszeit sein, ein Gefühl, ein Klang, eine Bewegung, ein Gedanke. Es ist der Moment, in dem du tief in dich hineinspürst und dich selbst wieder findest.
Vielleicht kennst du das Gefühl: Die Welt wird laut – und du wünschst dir einen Ort, der dich nicht überfordert, sondern bei dir ankommen lässt. Für manche ist das die morgendliche Tasse Tee am geöffneten Fenster, für andere ein Spaziergang, das Lesen eines Buches, ein Lied mit geschlossenen Augen.
Besonders in Familien ist dieser Freiraum oft hart umkämpft – oder geht im Trubel ganz unter. Umso wichtiger ist es, dass wir unseren Kindern wie auch uns selbst zeigen: Es ist in Ordnung, sich zurückzuziehen. Es ist wertvoll, sich Raum zu nehmen. Denn nur wer sich selbst spürt, kann auch anderen aufrichtig begegnen. Und manchmal liegt die größte Nähe in einem respektierten Abstand.
Wo findest du dich?
Zeitlicher Rahmen:
10–15 Minuten – oder so lange, wie ihr mögt.
Ihr braucht:
Nur euch selbst. Vielleicht eine Decke oder ein gemütlicher Platz, aber nicht zwingend.
Und so geht’s:
- Sucht euch einen Ort, an dem ihr ungestört seid. Das kann ein Lieblingsplatz im Zimmer sein, aber auch ein Stück Wiese, der Balkon oder ein Platz unter dem Tisch.
- Schließt die Augen und fragt euch leise: „Wo fühle ich mich sicher? Wo darf ich einfach ich sein?“
- Lasst Bilder, Erinnerungen oder Orte aufsteigen – ohne zu bewerten.
- Fragt euch dann weiter: „Was brauche ich, um mich innerlich frei zu fühlen?“ Das kann Raum, Ruhe, Musik, Bewegung oder sogar ein ganz bestimmter Geruch sein.
- Sprecht – wenn ihr mögt – danach miteinander darüber: Welche Orte oder Momente geben dir Kraft?
Und wie kann’s weitergehen?
Vielleicht mögt ihr in den nächsten Tagen darauf achten, wann ihr euch nach Rückzug sehnt – und was euch hilft, diesen Raum zu schaffen. Wie könnte jede*r in eurer Familie diesen Freiraum finden und leben dürfen?
Fragt euch:
- Gönne ich mir regelmäßig diese Momente?
- Erkenne ich auch bei anderen, wenn sie ihren Rückzugsort brauchen?
- Wie kann ich Freiraum nicht als Distanz, sondern als liebevolle Selbstfürsorge verstehen?
Vielleicht entdeckt ihr sogar neue Rituale oder kleine Veränderungen im Alltag, die euch langfristig guttun.
Manchmal ist Rückzug kein Weg-von, sondern ein Zurück-zu. Zu dir. Zu dem, was du wirklich fühlst. Zu dem, was dir guttut.
Wenn du in deinem Alltag keinen Platz dafür findest, schaffe ihn in Gedanken. Stell dir eine kleine Tür vor, hinter der du atmen kannst. Du brauchst sie niemandem zu erklären – nur dir selbst zu erlauben, sie zu öffnen.
Und wer weiß – vielleicht wird dein Rückzugsort auch zu einem Ort der Kraft, den du mit anderen teilst.
Nicht gleichzeitig. Aber gemeinsam.